Ausreichend Schlaf ist unglaublich wichtig für unser allgemeines Wohlbefinden, sowie unsere körperliche wie psychische Gesundheit. Doch was geschieht, wenn wir nicht genug schlafen? Was genau ist eine Schlafstörung? Ab wann ist es eine Schlafstörung? Wie häufig treten diese aus? Und was richten chronische Schlafstörungen wirklich an?
Wie sich Schlafmangel auf unsere Gesundheit auswirkt und welche ernstzunehmenden Folgen daraus resultieren können, erfährst du hier.
Überblick
Was ist eine Schlafstörung (Insomnie)?
Wenn jemand unter Schlafstörungen leidet, dann hat er entweder Schwierigkeiten einzuschlafen, durchzuschlafen oder er ist tagsüber sehr müde und schläfrig. Eine Schlafstörung unterscheidet sich von einer durchgemachten Nacht darin, dass man über einen längeren Zeitraum darunter leidet und einfach nicht schafft den Schlaf zu bekommen, den es braucht. 2/3 der Patienten, die wegen Schlafstörung in Behandlung sind, leiden über einen Zeitraum von 1 Jahr darunter (Hohagen et al. 1993).
So kommt es dann dazu, dass „Schlaf“ auf einmal ein sehr bedeutsames Thema im Leben wird, weil man stark unter den Auswirkungen leidet.
Es gibt Schlafstörungen, die sind körperlich bedingt oder denen eine Krankheit zugrunde liegt. Um diese soll es hier aber nicht gehen. In diesem Artikel geht es um die Schlafstörungen, bei denen keine körperliche Ursache zu finden ist.
ICD-10-Kriterien für die nichtorganische Insomnie |
A. Die Patienten klagen über Einschlafstörungen, Durchschlafstörungen oder eine schlechte Schlafqualität. |
B. Die Schlafstörungen treten wenigstens dreimal pro Woche mindestens 1 Monat lang auf. |
C. Es besteht ein überwiegendes Beschäftigtsein mit der Schlafstörung und nachts und während des Tages eine übertriebene Sorge über deren negative Konsequenzen. |
D. Die unbefriedigende Schlafdauer oder -qualität verursacht entweder einen deutlichen Leidensdruck oder wirkt sich störend auf die Alltagsaktivitäten aus. |
Schlafstörungen kommen gar nicht selten vor und sämtliche Altersgruppen sind davon betroffen. In Deutschland sind es etwa 6 % der Bevölkerung, die an einer (nichtorganischen Insomnie) Schlafstörung leiden (Schlack et al. 2013).
Das Problem an Schlafstörungen ist nicht nur, dass man müde ist, sondern dass Menschen mit Schlafstörungen ein erhöhtes Risiko haben psychische Krankheiten wie z. B. Depressionen (Baglioni et al. 2011) und kardiovaskuläre Erkrankungen (Li et al. 2014) zu entwickeln.
Wie wirken sich Schlafstörungen konkret aus?
Angespanntheit bzw. Übererregung
Menschen mit Schlafstörungen sind häufig auf emotionaler, kognitiver (das Denken betreffend) und/oder körperlicher Ebene angespannt.
Auf kognitiver Ebene findet sich bei vielen vor allem nachts eine ausgeprägte Hyperaktivität: Sie können gedanklich „nicht abschalten“, da sie an belastende oder nur unzureichend bewältigte Tagesereignisse denken oder sie machen sich Gedanken über die Folgen, wenn sie wieder nicht schlafen können.
Emotional gesehen treten bei vielen Menschen Ängstlichkeit, aber auch Ärger und Wut über die mangelnde Fähigkeit zum Schlafen auf.
Physiologische Übererregung (Hyperarousal) zeigt sich z. B. in einer erhöhten Ausschüttung von Stresshormonen (Kortisol, einer veränderten Herzratenvariabilität und einem erhöhten Gehirnmetabolismus.
- Schlafbehindernde Gedanken: Viele Menschen entwickeln im Laufe ihres Lebens dysfunktionale und teilweise falsche Annahmen im Hinblick auf das eigene oder normale Schlafverhalten („Jeder Mensch braucht 8 h Schlaf“, „Meine Leistungsfähigkeit hängt nahezu ausschließlich von der Schlafdauer der vergangenen Nacht ab“). Hinzu kommt, dass vielen ihren Schlaf falsch einschätzen: Sie überschätzen ihre nächtlichen Wachzeiten und unterschätzen die Länge und Qualität ihres Schlafs.
- Ungünstige Schlafgewohnheiten: Zu lange Bettzeiten, ein unregelmäßiger Schlaf-Wach-Rhythmus, das Schlafen am Tag sowie Aktivitäten im Bett, die das Einschlafen erschweren, wie z. B. Fernsehen, Lesen oder Arbeiten.
- Konsequenzen der Schlafstörung: Stimmungsbeeinträchtigungen mit erhöhter Ängstlichkeit und Depressivität. Eine erhöhte Depressivität kann dabei als Folge eines Kontrollverlusts über den Schlaf aufgefasst werden, da die Patienten viele erfolglose Anstrengungen durchgeführt haben, um ihren Schlaf zu verbessern. Aus dem realen Schlafverlust können zudem eine erhöhte Tagesmüdigkeit sowie eine gestörte Konzentrations- und Leistungsfähigkeit resultieren.
Woher weiß ich, dass ich Schlafstörungen habe?
Zum einen kannst du dich an den Kriterien des ICD-10 (siehe Box oben) orientieren. Zum anderen wirst du es vielleicht auch im Gespür haben, dass etwas mit deinem Schlaf nicht stimmt, wenn du ständig übermüdet, gereizt oder gestresst bist. Man hat das Gefühl, dass man so gut wie gar nicht geschlafen hat (obwohl das nicht unbedingt stimmen muss) oder dass man zwar geschlafen hat, aber nicht tief genug, um sich erholt zu fühlen.
Tipp: Wenn du dir unsicher bist, dann kannst du ein Schlaftagebuch über einen Zeitraum von 7 bis 14 Tagen führen. Darin werden Zubettgeh- und Aufstehzeiten, geschätzte Einschlafzeit, Anzahl und Dauer nächtlicher Wachperioden sowie Tagschlaf und Tagesbefindlichkeit dokumentiert (z. B. www.dgsm.de). So bekommst du ein klareres Bild von der Lage.
Was kannst du nun tun, wenn du Schlafstörungen hast?
Der denkbar einfachste Weg wäre es, wenn man einfach etwas nehmen kann, damit man einfach wieder ein oder durchschläft und dann wäre das Problem gelöst. Nur ist das so?
Leider nein!
Bevor du erfährst, was du aktiv tun kannst, um deinen Schaf nachhaltig zu verbessern, möchte ich dir erklären, warum die Einnahme von Medikamenten nicht zu empfehlen ist.
Warum man keine Medikamente nehmen sollte
Medikamente verändern den Schlaf so, dass er nicht mehr so ist, wie er zu sein hat. Das bedeutet, dass es dazu kommen kann, dass man trotz Medikamente am nächsten Tag nicht ausgeruht ist, sondern sich eher erschlagen fühlt. Außerdem kann es dazu kommen, dass man nachts trotzdem aufwacht und unruhig schläft.
Es kommt natürlich darauf an, was man nimmt und auch welche Problematik man selbst hat: Ob man nicht ein- oder durchschlafen kann.
Der wichtigste Aspekt, weshalb man nicht einfach auf eigene Faust Medikamente für den Schlaf nehmen sollte ist, dass man als Nicht-Mediziner die Auswirkungen auf den Körper gar nicht einschätzen kann. So gibt es beispielsweise Medikamente, die schnell abhängig machen können, andere bergen andere unerwünschte Nebenwirkungen, die man ebenso nicht unterschätzen sollte. Das heißt, wenn man unbedingt Medikamente nehmen will, dann immer in Absprache mit einem Facharzt!
So, da nun aber Medikamente überhaupt erst „letzte Wahl“ sein sollten, kommen wir zu den Punkten, die jeder umsetzen kann.
Ungünstige Schlafgewohnheiten ändern
Aufrechterhaltene Faktoren | Therapiemaßnahmen |
Körperliche Anspannung | Muskelentspannung |
Geistige Anspannung | Ruhebild, Fantasiereisen, angenehme Gedanken |
Ungünstige Schlafgewohnheiten | Regeln für einen gesunden Schlaf, Stimuluskontrolle, Schlafrestriktion |
Schlafbehindernde Gedanken | Grübelstuhl, Gedankenstopp, Ersetzen negativer Gedanken und Erwartungen zum Schlaf durch schlaffördernde Gedanken |
Gut schlafen durch Entspannungsmethoden
Entspannungsmethoden wie Autogenes Training und die Progressive Muskelrelaxation nach Jacobson (PMR) sind in der Behandlung effektiv, da sie erhöhtes physiologisches, kognitives und emotionales Arousal reduzieren. Die Muskelentspannung kann mit kognitiven Techniken kombiniert werden, um das kognitive Arousal (im Sinne eines nächtlichen Gedankenkreisens) stärker zu vermindern. Dabei wird die Vorstellung angenehmer und beruhigender Bilder eingeübt.
Wichtig zu wissen bei Entspannungstechniken ist, dass sie nicht sofort wirken, sondern, dass man sie erst einüben muss. Dann sind sie jedoch wirklich wirksam.
Ein zentraler Punkt in der Behandlung schlafgestörter Patienten sind die Regeln zur Schlafhygiene. Dazu gehören ein regelmäßiger Schlaf-Wach-Rhythmus, der auch an Wochenenden eingehalten wird, das Vermeiden von Tagschlafepisoden, Alkohol, Nikotin, Koffein und Appetitzüglern sowie schweren Mahlzeiten am Abend, regelmäßige sportliche Betätigung, morgendliche Lichtexposition, eine angenehme Schlafzimmeratmosphäre und eine allmähliche Verringerung geistiger und körperlicher Aktivitäten vor dem Zubettgehen. Zudem sollte nachts nicht auf die Uhr geschaut werden, da das nächtliche Auf-die-Uhr-Sehen und die damit verbundene permanente Kontrolle der eigenen Schlafdauer bzw. der noch möglichen Schlafdauer zu einer Verstärkung des Arousals führt. Zudem können dysfunktionale Einstellungen und Erwartungen bzgl. des Schlafs durch Aufklärung über die normale Schlaf-Wach-Rhythmik verändert werden.
Die Stimuluskontrolle basiert bei schlafgestörten Patienten auf der Annahme, das Bett habe seine Stimulusqualität als Auslöser für das Verhalten Schlaf verloren. Um die ursprüngliche Assoziation „Bett = Schlaf“ wiederherzustellen, werden folgende Strategien empfohlen:
- Das Bett nur zum Schlafen benutzen (Ausnahme: sexuelle Aktivitäten).
- Das Bett verlassen und einer entspannenden Tätigkeit (Lesen, Musikhören etc.) nachgehen, wenn man nach einer bestimmten Zeit nicht einschlafen kann.
- Morgens konsequent zur selben Zeit aufstehen.
- Tagsüber nicht schlafen.
Die Stimuluskontrolle hat sich bei konsequenter Befolgung der Verhaltensmaßregeln in vielen Untersuchungen als effektives Verfahren bewährt. Oft sind jedoch insbesondere ältere Betroffene nicht bereit, sich an die empfohlenen Regeln zu halten.
Der Schlafrestriktion liegt die Annahme zugrunde, dass chronisch schlafgestörte Patienten im Verlauf ihrer Schlafstörung eine Destabilisierung biologischer Rhythmen entwickelt haben. Um den Schlafdruck zu stärken, wird mit dem Patienten zu Beginn der Behandlung eine Bettzeit vereinbart, die der vorher durchschnittlich geschlafenen Zeit (z. B. 5 h) entspricht. Dadurch wird eine sehr große Müdigkeit erzeugt, die bei erfolgreicher Therapie dazu führt, dass Ein- und Durchschlafprobleme abnehmen. In der Regel werden die vereinbarten Bettzeiten für 1–2 Wochen eingehalten, um sie danach bei erfolgreichem Ein- und Durchschlafen um ½ h/Woche zu verlängern. Dadurch erreichen die meisten Patienten eine Bettzeit von 6–7½ h. Auch dieses Verfahren hat sich bei konsequenter Behandlung als effektiv erwiesen; es hat jedoch wie die Stimuluskontrolle den Nachteil, dass es vor allem von älteren Patienten, insbesondere aufgrund der initial erhöhten Tagesmüdigkeit und -schläfrigkeit, häufig nicht akzeptiert bzw. als zu mühselig erlebt wird.
Eine kognitive Technik zur Behandlung von Schlafstörungen ist die paradoxe Intention. Dabei werden Patienten instruiert, ins Bett zu gehen und so lange wie möglich wach zu bleiben. Diese Empfehlung soll den Teufelskreis aus dem frustrierenden Versuch, den Schlaf durch willentliche Kontrolle zu erzwingen, und dem daraus resultierenden erhöhten Arousal durchbrechen. Weitere kognitive Techniken sind der Gedankenstopp und die Umstrukturierung des dysfunktionalen Schlafdialogs. Mithilfe des Gedankenstopps kann der Patient Gedankenketten, die sich ihm immer wieder aufdrängen, unterbrechen und evtl. positive bzw. entspannende Vorstellungen dagegensetzen. Die Umstrukturierung des dysfunktionalen Schlafdialogs soll irrationale schlafbezogene Annahmen und Kognitionen verändern. Mit dem Patienten werden alternative Gedankengänge besprochen, die nachts angewandt werden können.
Viele schlafgestörte Patienten reagieren auf belastende Ereignisse während des Tages inadäquat. Sie können „nicht abschalten“ und nehmen die Ereignisse mit in die Nacht. Zudem entwickeln viele eine Schonhaltung, indem sie soziale Aktivitäten abends reduzieren. Zur Bewältigung belastender Ereignisse empfehlen sich Stressbewältigungsprogramme. Daneben wird während der Therapie auch die Wiederaufnahme sozialer Aktivitäten angestrebt.
Quelle
Berger, M. (2011). Psychische Erkrankungen. Elsevier Health Sciences Germany.